Rückblick: Lokaltermin am 28. Februar 2019 im Ruhr Museum Essen

10 Personen aus dem Ruhrgebiet, Düsseldorf, Bonn und Saarbrücken (vornehmlich Fotograf*innen) fanden den Weg zum Fotoarchiv des Ruhr Museums auf dem Gelände des Weltkulturerbe Zollverein in Essen. 10 Personen war gleichzeitig die Höchstzahl der möglichen Teilnehmer*innen und einige standen leider noch auf der Warteliste, so groß war die Nachfrage.

In einer Vorstellungsrunde fragte DGPh-Mitglied Stefanie Grebe, seit Januar 2015 Leiterin des Fotoarchivs des Ruhr Museums und zuvor enge Mitarbeiterin der vorherigen und ersten Leiterin des Archivs Dr. Sigrid Schneider, nach den speziellen Interessen der Anwesenden. Während bei einigen der Anwesenden wohl primär Fragen nach einer Aufnahme der eigenen Arbeiten - zumindest hintergründig - von Interesse waren, war für andere der Umgang mit eigener oder anvertrauter analoger und digitaler Lagerung und Archivierung wichtig.

Stefanie Grebe stellt das Fotoarchiv des Ruhr Museums Essen vor. Foto: Andreas Teichmann

Die Sammlung des Ruhr Museums baut auf eine erste Sammlung von Ruhrgebietsbildern durch Ute Eskildsen, der ehemaligen Leiterin der fotografischen Sammlung des Museums Folkwang, auf. In der Zeit von 1984-1987 konnte sie, unterstützt durch die Kulturstiftung Ruhr, das Projekt „Bildarchiv zur Geschichte des Ruhrgebiets“ durchführen und wichtige Archive und Nachlässe ankaufen. Der damalige Kommunalverband Ruhr gab Geld für eine erste Bearbeitung. Zum Konzept gehörte die Sicherung ganzer Negativbestände und Lebenswerke.

Stefanie Grebe. Foto: Peter Liedtke

1989 ging das ca. 350.000 Negative und Abzüge umfassende Material nach einem Wettbewerb verschiedener Städte ans damalige Ruhrlandmuseum in die neu geschaffene Abteilung Fotoarchiv. Seit Ende 1990 wird diese Sammlung laufend erweitert und ergänzt. Zu dem Gesammelten gehören neben den Arbeiten verschiedener Autorenfotografen auch Sammlungen wie das historische Glasplattenarchiv der Emschergenossenschaft (als Depositum) oder das Archiv der Internationalen Bauausstellung Emscher Park. Heute umfasst das Archiv einen Bestand von ca. 4 Mio. Bildern, vornehmlich SW-Negative, aber auch Farbnegative, Dias, Glasplatten, Silbergelatineabzüge, Inkjet Prints, Farbfotos und anderes. Aus dem Bestand werden regelmäßig Sonderausstellungen bestückt. Die Sammlung steht nach Voranmeldung allen Interessierten offen, die sich mit einem spezifischen Anliegen über bestimmte Aspekte der Geschichte und Gegenwart des Ruhrgebiets informieren wollen.

Aufbewahrungsschema nach Marjen Schmidt. Foto: Peter Liedtke

Zu Beginn informierte Stefanie Grebe über die Entwicklung der Sammlung und ging auf die Probleme der Archivierung und Lagerung von analogen und digitalen Bildbeständen ein. Im tatsächlichen Archiv herrschen konstante Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen. Die Luftfeuchtigkeit beträgt konstant 40-50 %, die Temperatur 14 Grad. Nach neueren Erkenntnissen benötigt man je nach eingelagertem Material unterschiedliche Temperaturen. Marjen Schmidt (ehemals DGPh Vorsitzende der Sektion Geschichte und Archive) hat hier in ihrem Buch „Fotografien in Museen, Archiven und Sammlungen: Konservieren - Archivieren – Präsentieren“ grundsätzliches Wissen erarbeitet und veröffentlicht. Vorbildlich ist hier das Nederlands Fotomuseum, Rotterdam, das über 19 verschiedene Temperaturzonen je nach eingelagertem Material verfügt. Als am haltbarsten von den neueren Materialien gelten aktuell Inkjetprints. Die Lagerung von Cellulose Nitrat Filmen hingegen ist brandgefährlich – im wahrsten Sinn des Wortes. Noch problematischer ist die Lagerung von Bilddaten und hier insbesondere Bilddaten von Fotografien, die digital (digital born) entstanden sind. Am sichersten sind die Daten, die laufend umgespeichert werden. Doch das hat auch seinen Preis. Professionelle Anbieter rufen hier Preise von ca. 19.000 Euro pro Terabyte auf – pro Jahr. Und ob das einen Worst Case verhindert, ist auch nicht wirklich sicher. Aber was ist auch wirklich sicher nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs? Das Wissen der Bundesrepublik Deutschland lagert beispielsweise im Barbara Stollen in der Nähe von Freiburg und wird auf 35-Millimeter-Polyester-Dünnfilm (ILFOCHROME® MICROGRAPHIC) gespeichert und in luftdicht verschlossenen V2A Behältern gelagert. Angeblich hält das dann mindestens 500 Jahre. Wir werden wohl nicht mehr erleben, ob das stimmt und ob es in 500 Jahren noch Lesegeräte für diese Filme geben wird. Auch tauchte die Frage auf, ob man den nun wirklich alles sammeln und archivieren müsse. Das Ruhr Museum sammelt zumindest konzeptionell zu bestimmten Zeiten und Themen. Die 1950er Jahre sind gut abgedeckt und auch Themen wie beispielsweise Arbeitskämpfe. Lücken gibt es z.B. noch in der regionalen Migrationsgeschichte oder in der Darstellung des östlichen Ruhrgebiets.

Fotografin Brigitte Kraemer mit eigenen Bildern in der Sammlung des Ruhr Museums. Foto: Andreas Teichmann

Dieser erste Teil des Lokaltermins fand noch im Besprechungsraum des Ruhr Museums statt. Hier konnte man nicht nur bei angenehmer Temperatur sitzen, sondern wurde auch nicht vom lauten Geräusch der Belüftung gestört. Jetzt ging es ins Archiv, dem eine Klimaschleuse vorgelagert war. Ja, es war wirklich laut und kühl. Die meisten Bilder lagern in Stahlschubladenschränken, in säurefreien Schachteln und in säurefreiem Papier eingefaltet. Exemplarisch konnten wir Glasplatten aus dem Archiv der Emschergenossenschaft sehen. Und auch die Arbeit der anwesenden Fotografin Brigitte Kraemer durfte nicht nur betrachtet, sondern auch von ihr selbst in die behandschuhten Hände genommen werden – zumindest für das Foto. Während die meisten Bestände gut aufgearbeitet und sicher gelagert sind, gab es aber auch Bestände, die noch darauf warten. Die Aufarbeitung nimmt enorm viel Zeit in Anspruch und ist somit dann auch ein „natürliches“ Hindernis für übertriebene Sammelleidenschaft. Interessant auch, dass man Schränke mit Aufklebern wie „Schwarzwald“ entdeckte. Doch es gibt wohl auch Exotischeres z.B. aus Afrika.

Mit dem Gefühl, dass die fotografischen Schätze der Region im Ruhr Museum bestens gelagert sind, nahmen wir einen guten Eindruck dieses wohl größten Fotoarchiv des Ruhrgebietes mit und hatten zudem einen hochinformativen Nachmittag in angenehmer Gesellschaft verbracht.

Danke an Stefanie Grebe

Peter Liedtke, März 2019

Literatur: „Von A bis Z. Fotografie im Ruhrmuseum“, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2012. Marjen Schmidt:  „Fotografien. Erkennen, Bewahren, Ausstellen“,  Deutscher Kunstverlag, 2018

Lokaltermin-Teilnehmer im Fotoarchiv des Ruhr Museums. Foto: Peter Liedtke