Rückblick: Lokaltermin am 18. Oktober 2019 in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln

Bereits im Vorfeld sorgte die Ankündigung auf Einblicke in das August Sander Archiv in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur plus zusätzlicher Führung durch die "Hochbunker"-Ausstellung von Boris Becker für großes Interesse an diesem Lokaltermin. Die Nachfrage war letztlich so groß, dass zwei parallele Führungen abgehalten werden mussten.
Für die punktuelle Sichtung des August Sander Archivs mit gut 10.000 Negativplatten und 6.500 Originalabzügen kündigte Claudia Pfeiffer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, ein "Foto-Jogging" an. Präsentiert wurden Abzüge aus den Serien "Menschen, die an meine Tür kamen" und "Studien: Der Mensch", sowie einige ausgewählte botanische Motive Sanders. In der Präsentation mit dabei war auch der eine oder andere Print, der 1993 aus dem Konvolut der DGPh-Sammlung in die Stiftung wechselte. "1.700 Aufnahmen, die aus heutiger Sicht glücklicherweise in die SK-Stiftung überführt werden konnten – andernfalls wären Sie 2009 beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln, ihrem ursprünglichen Lagerort, vernichtet worden" konnte der Vorsitzende der DGPh, Ditmar Schädel, vor Ort berichten.

Vorlage ausgewählter Originalvergrößerungen aus der Serie „Hände“ von August Sander

„Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur sammelt in Konvoluten und Werkgruppen“ schilderte Gabriele Conrath-Scholl, Leiterin der Institution, zum Selbst- und Sammlungsverständnis. So gab es etwa ab 1996 eine Kooperation mit Bernd und Hilla Becher, über die in Folge auch sehr viele Negative und Positive der Bechers Einzug in das Stiftungsarchiv fanden. Zum Werk Karl Blossfeldts befinden sich z. B. über 600 Originalabzüge im Eigentum der Universität der Künste Berlin, die in Kooperation mit der Photographischen Sammlung betreut werden, so dass immer ein Teil dieser Fotografien in Köln einsehbar ist. Ab 2004 kamen etwa 1.500 Arbeiten des Künstlers Jim Dine dazu. „Trotz der an einer sachlich dokumentarischen Fotografie ausgerichteten Sammlung, finden sich hier also durchaus subjektive und emotionale Momente vertreten“ so Conrath-Scholl. „Und, was ganz wichtig ist: Die Sammlung ist immer wieder Voraussetzung für unser Ausstellungsprogramm.“

Claudia Pfeiffer (li.) und Gabriele Conrath-Scholl (Mitte) präsentieren „Menschen, die an meine Tür kamen" von August Sander

Am Beispiel von August Sander konnten die Teilnehmenden schließlich noch eintauchen in die Welt der fotografischen Materialität und fototechnischen 'Handschrift', die immer wieder auch die individuelle Ausprägung eines Werkes darstellt. Beispielhaft und anschaulich konnten die Teilnehmenden erfahren wie Vergrößerungen die in der Tonalität differieren, wechselnde Fotopapier-
Oberflächen, Atelier-Signets und Schriftbilder im Sammlungsalltag zu deutlichen Hilfen für die Werk- und Zeit-Zuordnung werden können.

Routinierter Fotograf, visionärer Künstler und charmanter Ausstellungsführer. Boris Becker im Dialog mit Ausstellungsbesuchern

Claudia Schubert, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur, und Boris Beckers führten anschließend durch die "Hochbunker"-Ausstellung und boten damit einen ganz anders gearteten Sammlungs-Einblick. Das von Boris Becker sehr persönlich und charmant moderierte 'Fenster' mit Blick auf die Hintergründe und Produktionsumstände seines Bunker-Werks kann tatsächlich als Kleinod oder Bonbon des Tages gewertet werden.
In der sehenswerten Präsentation, die es versteht, die Beckerschen Bunker-Fotografien aus den 1980er Jahren (überwiegend in SW gearbeitet) mit zeitgenössischen extragroßen Farbfotografien zu pointieren, können die Besuchenden tatsächlich tief in die Betonwelten deutscher Bunker und in die fotografische Systematik Beckers eintauchen. Vitrinen mit Dokumenten und Objekten zur Vorgehensweise im Kreativprozess in Zeiten noch vor Google-Maps und Street View helfen im Ausstellungsrundgang immer wieder dabei, das fotografische Werk und seine Dimension zu verstehen – nicht nur als Typologie, sondern auch als kulturelles Monument.

Text und Handy-Fotos: Stephan Sagurna (DGPh)